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Ankaufsuntersuchungen

Die Ankaufsuntersuchung bildet eine wichtige Grundlage für den Pferdekauf. Hierbei wird der aktuelle Gesundheitsstatus des Pferdes erfasst und gegebenenfalls mit Röntgenaufnahmen oder weiteren Tests abgesichert.

Der Grundbaustein bildet immer die klinische Untersuchung, wobei das Pferd unter anderem gründlich untersucht, abgetastet und Herz und Lunge abgehört wird. Danach wird das Pferd in Bewegung betrachtet, damit Störungen im Gangbild erkannt werden. Mittels Beugeproben werden die Gliedmassen nochmals eingehender untersucht. Es folgt eine Belastungsuntersuchung, um allfällige Leistungsdefizite zu erkennen. 

Auf Wunsch werden Röntgenbilder erstellt, Blutproben entnommen oder weitere Untersuchungen durchgeführt (z.B. Endoskopie).  Wir führen Sie Schritt für Schritt durch den Ankauf und beraten Sie gerne individuell damit der Start in die gemeinsame Zukunft mit Ihrem neuen Pferd möglichst unbesorgt bleibt.

Welche Arten von Ankaufsuntersuchungen gibt es:

Im Vorfeld: Es ist immer von Vorteil, wenn sich Käufer und Verkäufer im Vornhinein einmal absprechen welche Untersuchungen gemacht werden sollen. Grundsätzlich ist bei einer Ankaufsuntersuchung immer der Käufer der Auftraggeber und geht damit auch einen offiziellen Vertrag mit dem Tierarzt ein. Ebenso kommt er auch für die Kosten auf. Mit diesem Prinzip sollen Interessenskonflikte vermieden werden.

Ein gründlicher klinischer Ankauf nimmt etwa eine Stunde Zeit in Anspruch. Im Idealfall ist ein ruhiger Raum oder Putzplatz vorhanden für die klinische Untersuchung. Für eine umfassende orthopädische Untersuchung wird eine Trabstrecke von ca .30-40 Metern Länge, einmal mit ebenem, hartem und einmal mit weichem Untergrund, benötigt. Zudem muss eine  Halle/Platz oder Longierzirkel für die Belastungsuntersuchung vorhanden sein. Unebener Boden kann das Gangbild verfälschen und den Anschein von Taktunklarheit erwecken- andersherum kann ein Pferd in unruhiger Umgebung unter Umständen sehr aufgeregt sein und gewisse orthopädische Probleme können überspielt werden. 

Dokumentation: Eine Ankaufsuntersuchung wird von ihrem Tierarzt schriftlich dokumentiert. Es besteht auch die Möglichkeit Teile der Untersuchung videographisch festzuhalten, insbesondere macht dies Sinn, wenn eine Partei des geplanten Verkaufs nicht anwesend sein kann. Klären Sie vorher ab, ob dies für alle beteiligten Personen in Ordnung ist.

Die klinische Untersuchung

Die kleine Ankaufsuntersuchung (kleine AKU) oder auch klinische Untersuchung genannt, ist das Herzstück der Ankaufsuntersuchung und schafft die Grundlage für alle weiteren Untersuchungen. Das Pferd wird gründlich von Kopf bis Fuß untersucht und so z.B. alte Narben oder Verletzungen detektiert. Herz und Lunge werden abgehört. Kontrolle der Augen und der Maulhöhle gehören ebenfalls dazu.

Bei der anschließenden orthopädischen Untersuchung wird der Bewegungsapparat genaustens unter die Lupe genommen. Das Pferd wird im Schritt und Trab vorgeführt. Auch liegt das Augenmerk auf dem Rückwärtsrichten und das Gehen auf engen Wendungen. Die Beine werden abgetastet und mittels Beugeproben unter Umständen auch sehr subtile Probleme ans Licht gebracht. Wichtig ist, das Pferd auf hartem UND weichem Boden zu untersuchen weil sich unterschiedliche Probleme auf unterschiedlichem Untergrund anders präsentieren. Danach folgt eine Belastungsuntersuchung an der Longe um eine Prüfung auf sportliche Nutzung vorzunehmen. Auch hier sollte das Pferd insbesondere bei sportlicher Nutzung einmal ausgebunden und einmal unausgebunden longiert werden.

Klinische + röntgenologische Untersuchung

Bei der großen Ankaufsuntersuchung (große AKU) wird nach der klinischen Untersuchung noch eine röntgenologische Untersuchung angehängt. Grundsätzlich kann der Auftraggeber frei entscheiden, wieviel Röntgenbilder gemacht werden sollen. Standardmässig werden meist 12 oder 18 Bilder gemacht. Nach Bedarf, z.B. wenn bei der klinischen Untersuchung etwas auffällig war, können weitere Aufnahmen hinzukommen. Lassen Sie sich von Ihrem Vertrauenstierarzt beraten, welche Röntgenaufnahmen im individuellen Fall Sinn machen. 

 

 

 

12 Bilder: Dies umfasst Bilder der Hufrolle, der Zehe, des Fesselgelenks, der Sprunggelenke und des Knies.

 

18 Bilder: Bildet die selben Gelenke ab wie bei den 12 Aufnahmen, jedoch mit zusätzlichen Projektionsebenen. Somit hat man mehr Informationsgehalt pro Gelenk.

Die Beurteilung der Röntgenbilder erfolgt anhand eines Leitfadens der 2018 von einer Arbeitsgruppe von Pferdetierärzten erstellt wurde.

Dieser legt fest, wie die Standardprojektionen aussehen und soll so eine objektivere Beurteilung der Röntgenbilder ermöglichen. Trotzdem fließen auch Erfahrungswerte des individuellen Tierarztes mit ein und auch die Beurteilung im klinischen Kontext spielt bei der abschließenden Interpretation eine Rolle. So kann es auch zu Stande kommen, dass zwei Tierärzte den selben Satz Röntgenbilder etwas unterschiedlich bewerten.

Röntgenbilder von Hals und Rücken werden nicht standardmäßig gemacht, unter anderem weil Sie nicht im oben genannten Röntgenleitfaden enthalten sind und somit eine objektive Beurteilung sehr herausfordernd ist. Da aber Hals und Rückenprobleme aktuell an Bedeutung gewinnen, werden diese immer häufiger trotzdem gemacht

Bluttest

Im Rahmen der Ankaufsuntersuchung kann eine Blutprobe genommen und entweder direkt untersucht oder eingelagert werden. Sollten im Nachhinein Ungereimtheiten auftreten, kann das Blut bis 6 Monate nach der Ankaufsuntersuchung noch auf diverse Substanzen wie Schmerzmittel oder andere leistungssteigernde Substanzen getestet werden. Selbstverständlich können aber auch Organprofile untersucht werden um einen Überblick über den medizinischen Zustand des Pferdes zu gewinnen.

Ultraschall und Endoskopie

Bei der Endoskopie werden die oberen Atemwege angeschaut, die Symmetrie des Kehlkopfes beurteilt und in der Luftröhre mögliche Sekretansammlungen detektiert. Indikationen für diese Untersuchung sind z.B. Husten während der Untersuchung oder ein Atemgeräusch bei der Belastungsprobe.

Im Ultraschall können Weichteile und Sehnen beurteilt werden, dies ist mittels Röntgenaufnahmen nicht möglich. Auch die Ultraschalluntersuchung wird meist nicht routinemässig vorgenommen, kann aber bei sehr wertvollen Tieren oder Auffälligkeiten in der klinischen Untersuchung eine aufschlussreiche Ergänzung sein.

FAQ

Grundsätzlich hat der Käufer die Wahl des Tierarztes. Der Bestandestierarzt des Verkäufers wird meist nicht genommen, da die Gefahr eines Interessenskonflikts besteht. Es macht Sinn, die Untersuchung von einem erfahrenen Tierarzt der auf Pferde spezialisiert ist vornehmen zu lassen.

Grundsätzlich sind Röntgenaufnahmen insbesondere bei Jungpferden sinnvoll, welche noch nicht oder kaum geritten sind oder deren Bewegungsapparat in der klinischen Untersuchung noch nicht unter «Normalbelastung» getestet werden kann. Auch bei gewünschter sportlicher Nutzung sind Röntgenbilder eine gute Ergänzung zur klinischen Untersuchung. Ebenso, wenn bei der klinischen Untersuchung Auffälligkeiten detektiert werden.

Die klinische (oder umgangssprachlich auch kleine AKU) Ankaufsuntersuchung dauert ca. 45-60 Minuten. Das Erstellen der Röntgenaufnahmen je nach Umfang noch weitere 30-60 Minuten. Insgesamt sollten für den Ankauf mindestens 2 Stunden eingeplant werden um auch allfällige Befunde in Ruhe besprechen zu können.

Sehr viele Pferde haben bei der Ankaufsuntersuchung einen Befund. Dies bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass man das Pferd nicht kaufen kann. Wichtig ist, offen darüber zu sprechen welche Ansprüche der Käufer an das Pferd hat und ob es diese trotz des Befundes erfüllen kann.

Beispiel: Pferd, 12 jährig, hat bei der Ankaufsuntersuchung eine deutlich positive Beugeprobe hinten beidseits, ansonsten klinisch gesund, beim Röntgen sieht man Arthrose im Sprunggelenk. Käufer 1 will mit dem Pferd Turniere reiten, Käufer 2 Hauptsächlich ausreiten und einmal die Woche in die Reitstunde gehen. Grundsätzlich besteht ein Risiko, dass diese Arthrose fortschreitet, dennoch ist dieses bei Käufer 2 um einiges geringer und die Möglichkeit, dass das Pferd nie weitere Probleme hat durchaus gegeben. Bei einem Turnierreiter wäre das Risiko durch die vermehrte Belastung deutlich höher und man würde Käufer 1 vermutlich eher abraten.